#0432[1342]
âŸIch zerstöre so gut wie niemals absichtlich Dinge, die man noch gebrauchen kann. So aus dem emotionalen Affekt heraus einfach Sachen zerdeppern? Selten. Das vorletzte mutwillig zerstörte Objekt war vor nunmehr zwölf Jahren ein Pizzateller in meiner damaligen KĂŒche in Berlin-Friedrichshain, den ich spontan gegen die Wand schmiss, als mir ein Informant telefonisch neueste ungeheuerliche Cybermobbing-Sudeleien aus den Tiefen des Internets zutrug, mit denen man damals gezielt meinen beruflichen Ruf sabotieren wollte⊠Heute Morgen dann nach dieser sehr langen Pause wieder einmal ein Objekt, das final dran glauben musste!
Manchem mag es befremdlich vorkommen, dass ich so ĂŒberaus pfleglich mit meinem Besitz umgehe und so gut wie niemals etwas âgegen die Wand schmeiĂeâ oder âin die Tonne kloppeâ â aber jemand, der momentan einen gut dotierten Home Office-Job in Festanstellung nachgeht, oder der auch nur regelmĂ€Ăig vom Staat seine FrĂŒhrente in den Allerwertesten getrĂ€ufelt bekommt, kann es natĂŒrlich nur unzureichend nachvollziehen, wie es sich anfĂŒhlt, zur Zeit so gut wie gar kein Einkommen aus Erwerbsarbeit zu haben⊠Jeden Monat vierstellige Fixkosten fĂŒr Miete, Versicherungen, Energieversorgung, TelefonanschlĂŒsse, etc.. Dabei darf ich ĂŒber die Hausmiete eigentlich noch am wenigsten meckern, denn fĂŒr die 543 Euro Monatsmiete, die unsere HĂŒtte hier kostet, bekĂ€me ich, wenn ich noch in âShangri-Laâ wohnen wĂŒrde, dort lediglich ein Studentenzimmer in einer WG⊠Ohne Philomenas Hilfe, die gegenwĂ€rtig im Gegensatz zu frĂŒheren Zeiten (noch!) ein paar Ersparnisse besitzt, hĂ€tten wir hier nichts mehr zu beiĂen. Oder wir hĂ€tten noch was zu beiĂen, aber man hĂ€tte uns dafĂŒr lĂ€ngst Wasser und Strom abgeklemmt⊠đŹ
Wie auch immer, kommen wir zum Akt der Zerstörung!
âŸMorgens waren wir wieder in aller HerrgottsfrĂŒhe zeitlich passend zum Ăffnungsbeginn eines Supermarktes nach âGraustadtâ angereist, weil es dort Bio-Salat fĂŒr unsere Schildkröte gibt (nicht-bio frisst das kluge Tier nicht), den man hier im popeligen Dorf-Supermarkt, dem Albtraum aller Orthorektiker, nicht erhĂ€lt. Dabei trug ich meine dunkelrote wattierte Winterjacke, deren Seitentaschen-ReiĂverschluss sich andauernd im Tascheninnenfutter verhakt. Vermutlich eine Fehlkonstruktion ab Werk, denn es ist meine neueste und billigste Jacke (frĂŒher konnte ich mir erheblich bessere QualitĂ€t leisten). Vor zweieinhalb Jahren kaufte ich sie mir, weil mir die dicke Daunenjacke an wĂ€rmeren Wintertagen zu warm war, an denen es fĂŒr meine Sommerjacke noch zu kalt war.
Das mit dem Verhaken des Futters wurde im Laufe der Monate immer schlimmer. Ich glaube ich habe insgesamt bereits fĂŒnf oder sechs Stunden meiner wertvollen Lebenszeit dafĂŒr geopfert, den Stoff aus dem ReiĂverschluss dieser einen speziellen Jackentasche herauszufrickeln! Am schlimmsten war es bisher vor ein paar Tagen â am vergangenen Mittwoch hatte ich meinen Vater zum Impfzentrum gefahren, wo er seine erste BioNTech-Impfung erhielt â die ganze Zeit ĂŒber, wĂ€hrend der er in Begleitung meiner Mutter im Impfzentrum verschwunden war, sicherlich eine gute halbe Stunde, kĂ€mpfte ich mit dem vermaledeiten ReiĂverschluss, weil dieser sich wieder einmal hoffnungslos im Stoff verklemmt hatte! đ
âŸNoch schlimmer war es dann aber heute! Als ich nach dem morgendlichen Supermarkteinkauf ins Auto gestiegen war, bekam ich die Jackentasche nicht mehr auf, in der sich der ZĂŒndschlĂŒssel befand⊠Den Kofferraum und die TĂŒren konnte man noch fernentriegeln, indem man durch die Jackentasche hindurch auf den Aufsperrknopf des AutoschlĂŒssels drĂŒckte â aber zum Losfahren brauchte ich dann eigentlich den SchlĂŒssel selbst. Und kam nicht an ihn heran, weil das Futter sich diesmal dermaĂen grĂŒndlich im ReiĂverschluss festgefressen hatte, dass man die Tasche nur einen Zentimeter weit öffnen konnte⊠Es half kein Zupfen und kein Zerren: Kein Jackentaschen-Sesam-öffne-dich in Sicht! Hinten im Kofferraum taute die TiefkĂŒhlkost auf, wĂ€hrend Philomena und ich abwechselnd eine geschlagene Viertelstunde lang ruckelten, hakelten und rupftenâŠ
Irgendwann riss mir dann der Geduldsfaden! đĄ Kein Wunder, denn ich hatte noch nichts gegessen, weil wir unbedingt extrem frĂŒh als erste Kunden noch vor den ganzen Corona-Seuchenvögeln dort einkaufen wollten. Ohne FrĂŒhstĂŒck habe ich die Laune eines vorzeitig aus seinem Bau geholten Mumeltieres⊠Wie konnte es diese beschissene Jacke wagen, sich jeglicher Methodik zu widersetzen? Ich holte meinen SchlĂŒsselbund hervor und hakte den dicksten und stabilsten SchlĂŒssel den es daran gab in den ReiĂverschluss ein, um damit den störrischen Verschluss mit aller Kraft gewaltsam aufzureiĂen.
Ergebnis: Der ReiĂverschluss blieb zu, aber der SchlĂŒssel glitt abrupt ab und ich knallte volle Lotte blitzbeschleunigt mit meinem Ellenbogen gegen das Metall des AutotĂŒr-Innenrahmens (wir hatten mittlerweile die TĂŒren offen stehen, weil durch das ganze GeĂ€ckte die Scheiben beschlugen) â keine Ahnung mit der wievielfachen Erdbeschleunigung Knochen auf Blech traf, aber es tat höllisch weh! (Auch jetzt, fĂŒnfzehn Stunden spĂ€ter, kann ich den Arm kaum krumm machen, weil ich eine dicke pochende Beule habe.)
Jetzt war endgĂŒltig genug â ich eskalierte đ€Ź: Packte mir diese ScheiĂjacke und hakte die knapp einen Zentimeter weite Taschenöffnung im Affekt ĂŒber einen stĂ€hlernen Haken am Ende der Beifahrersitzverstellungs-Bodenschiene und riss mit heiligem Zorn wie ein Berserker! Ratsch riss die ganze Jacke entzwei und Philomena und ich fanden uns in einem Szenario wieder, das an eine in ein erntereifes Baumwollfeld geworfene Handgranate erinnerte! Ăberall um uns herum stoben die FĂŒllwatteflocken⊠Aber die Tasche blieb nach wie vor rundum versiegelt.
Letztendlich gelang es Philomena mit ihren scharfen ZĂ€hnen das Innentaschenfutter von der RĂŒckseite aus (da kam man jetzt ran, weil die störrische Oberbekleidung ihrer Dreilagigkeit beraubt worden war) durchzubeiĂen â bis dann endlich der SchlĂŒssel wieder ans Tageslicht kam! Nach zwanzig Minuten Jackenhass!
Irgendwie verspĂŒrte ich eine minutenlange Genugtuung, als diese Jacke sichtlich am Ende war â allerdings verebbte dieses TriumpfgefĂŒhl recht bald und dann tat es mir doch um die Jacke Leid⊠đą Sooo viel Garderobe besitze ich schlieĂlich auch nicht (mehr). Zumal ich eigentlich kaum was fĂŒr die ĂbergĂ€nge zwischen Winter und Sommer habe⊠Tja â plötzlicher Jackentod. Kann passieren. đ
âŸPhilomena fand die seidig schimmernde, tiefdunkelrote Bomberjacke ĂŒbrigens recht chic, weil ich darin nicht so sehr nach einem Mantelsnob oder Parkaschrat aussah. Meine Mutter fand sie gerade weil ich darin nicht nach einem Mantelsnob aussah eher proletenhaft doof⊠Ihr seht, so weit ist es inzwischen mit meinem durch den Pandemie-RĂŒckzug nochmals verstĂ€rktem âSelbstgewĂ€hlten Exilâ bereits gekommen: Mein AuĂenwelt-Feedback besteht lediglich aus Philomena und meiner Mutter und das Aufregendste was ĂŒberhaupt noch in meinem Leben geschieht â und von dem ich Euch dann berichten kann â ist eine unbeherrschte Joppen-Destruktion! Mehr toxische Testosteronfreisetzung gibt es in meinem Eremitenleben nicht mehr⊠đ
Trotz regelmĂ€ssigem Einkommen verbietet es mir meine Erziehung, Dinge zu zerstören – eigen sowieso nicht, höchstens die von anderen und das ist bisher vielleicht 3x im Leben vorgekommen. Ich raste eher verbal aus.
Diese Zerstörung wegen klemmenden ReissverschlĂŒssen ist mir allerdings nicht allzu fremd. Solche KleidungsstĂŒcke entsorge ich auch recht schnell, wenn ich keine funktionierende Lösung finde.
Ich entschuldige mich schon mal, dass ich wĂ€hrend dem Lesen ununterbrochen gegrinst habe – denn wenns mir passiert wĂ€re, hĂ€tte ich vor Lachen nicht mehr gekonnt nach der Zerstörung. Ich hĂ€tte das Problem allerdings mit dem aktuellen Auto nicht haben können, da kann man den SchlĂŒssel nirgends reinstecken zum ZĂŒnden.
Und doch – es gibt auch gĂŒnstige Kleidung, die hĂ€lt – ich meine jetzt nicht billige.
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Wenn meine Leser beim Lesen dieses Eintrags ununterbrochen grinsen mĂŒssen, habe ich mein Ziel erreicht… đ (Das Auto ist bereits von 2008)
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Voll getroffen bei mir.
Am Meisten nerven wĂŒrden mich die Daunen im ganzen Auto.
Nachdem die Arbeitskollegin und ich letztes Jahr bei ihrem Skoda das SchlĂŒsselloch an der AutotĂŒre gesucht (und gefunden) haben, denke ich manchmal, ein Anlasser-SchlĂŒsselloch wĂ€re auch nicht schlecht. Angeblich macht das Auto die Verbindung zum SchlĂŒssel, wenn dessen Batterie leer ist.
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Das waren ja gar keine Daunen, sondern so feine Watteflocken, die auch noch immer weiter auseinanderfielen… đŹ (meine gute Daunenjacke hĂ€tte ich wohl auch nicht zerrissen)
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Noch beschissener – so wie wenn der Hund ein Kissen zerfetzt.
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Schade um die Jacke, aber sie hatte ein Weiterleben nicht verdient! Danke fĂŒr den SpaĂ am Abend, ich habe mehrmals gelacht, wĂ€hrend vor meinem geistigen Auge ein Film ablief. Ich wĂŒnsche dir baldigst Ersatz!
Lieben GruĂ
die Hoffende
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Danke und beste GrĂŒĂe! đ
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Du beschimpfst mich oft mit deinem iPhone-ScheiĂ als „neidischer Habenichts“ und von niederer sozialer Stellung, bist aber anscheinend schon neidisch auf meine FrĂŒhrente. Lel —————>der auch nur regelmĂ€Ăig vom Staat seine FrĂŒhrente in den Allerwertesten getrĂ€ufelt bekommt
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Nimms nicht ĂŒbel – ich war gerade in Austeillaune! đ Bzw. ich habe gerade dermaĂen die Schnauze von den davongalloppierenden Kosten voll… Kotz.
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„Mantelsnob oder Parkaschrat“… wundervolle Wortschöpfungen. đ
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Die Jacke war fÀllig, definitiv
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Das ReiĂverschlussproblem kenne ich auch von verschiedenen Jacken (passiert auch bei höherwertigen Exemplaren). Da kann man schon in Rage geraten đ Zerstört habe ich aber allerhöchstens die Tasche bzw. den ReiĂverschluss, nicht die ganze Jacke. Aktuell nerven mich herausgebrochene ReiĂverschlusszĂ€hne an einer Jacke, aber noch gehorcht der ReiĂverschluss meinem Willen đ
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Mensch – Ihr alle beide sogar am Werk. Krass, ich fĂŒhle voll mit. Meine eine gĂŒnstige, dĂŒnne hellblaue Daunenjacke hat Ă€hnliche AllĂŒren. đł Dieses Geschwitze dann immer … đł
Rabi hat jetzt gerade wg einem Satz von mir gelacht, der, den Du auch bei Nell geliked hast. Find ich cool, hab an Dich gedacht, weil ich hie und da bei Dir ebenfalls schallend auflachen muss. Was von Dir sicherlich beabsichtigt war. đ Und ein Lachen ist in den heutigen Zeiten von unermesslichem Wert, wo es doch immer weniger zum Lachen gibt. Dankbare GrĂŒĂe – Dein (Galgen-)Humor ist klasse! đ
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Das reinste Massaker, diese Jackenschlacht(ung). đ
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You made my das …đ€Łđđ€Ł
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Lustiger Eintrag! đđ Die Jacke hat es gar nicht anders verdient, als komplett zerrissen zu werden! đ Ich mag Parkas ganz gerne. Finde die gar nicht schratig. Bomberjacken mag ich eher gar nicht. So teuer muss ne Jacke nicht sein. Diese jedenfalls war definitiv scheiĂe und ein Fall fĂŒr die Tonne!
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Heutzutage braucht man fĂŒr alles eine SCHERE, manchmal schon fĂŒr eine Tafel Schokolade
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Am allerschlimmsten sind diese störrischen Blister-Verpackungen, nicht? Da macht man zum einen die Schere dran stumpf und zum anderen schneidet man sich wenn schon nicht an der Schere selbst dann an den aufgeschnittenen Plastikkanten…
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Genau. Ich habe mindestens drei verschiedene Multiwerkzeuge in dem Stil vom Schweizer Armeemesser, wo alles dran, ist von SĂ€ge, Korkenzieher und Karabinerhaken ĂŒber Kreuzschlitzschraubendreher und Bierflaschenöffner bis zu Nagelfeile und Zahnstocher. Alles noch nie gebraucht! Eigentlich braucht man nur eine kleine Schere.
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Also auch mit geregeltem Einkommen ĂŒberkommt mich eigentlich nie die Zerstörwut. Aber beim Lesen dafĂŒr das Lachen, grad an der Stelle, als ihr im Jackenflaum saĂt und sich Philomena zum SchlĂŒssel durchbeiĂen musste đ das ist wirklich eine herrliche Vorstellung đđ
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Man hĂ€tte natĂŒrlich auch zurĂŒck in den Supermarkt gehen können und eine Schere kaufen, oder den Kofferraum wieder ausrĂ€umen und irgendwo unter der Gummiwanne nach dem Bordwerkzeug suchen – aber wenn man drei Stunden frĂŒher als sonst aufsteht und ohne Kaffee & FrĂŒhstĂŒck sofort zu einem einstĂŒndigen Einkauf aufbricht, kommt man nicht auf solche Ideen, bzw. ist nicht in der Laune dafĂŒr… đđ
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Im 1.-Hilfe-Kasten mĂŒĂte eine beiliegen, oder beherzt Passanten danach fragen …
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Wenn ich im Affekt eskaliere, ĂŒberlege ich doch nich mehr, ob und wo der Erste-Hilfe-Kasten ist! Und Passanten leben dann auch gefĂ€hrlich… đđ
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Ich habe ĂŒbrigens am SchlĂŒsselbund ein kleines Victorinox-Sackmesser mit einer Mini-Schere dran.
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Ich habe mein Victorinox immer nur im Urlaub auf Reisen an der GĂŒrtelschlaufe angekettet… Vielleicht sollte ich mal auch eins im Auto deponieren… âïžđšđđ
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Dringend!
Ich war schon so oft froh.
Es gibt in der Schweiz das Sprichwort: E rÀchte Bueb het es SackmÀsser debi. (Ein echter Junge trÀgt ein Taschenmesser bei sich.)
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AuĂerdem war das vielleicht gt
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… frĂŒher mal mit dem Verbandkasten.
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Offenbar musste es, im wahrsten Sinne des Wortes, mal alles raus! đč
Alles Liebe dir: ich versteh deine Frustration ĂŒbrigens vollkommen. Ganz viele Freunde von mir sind auch SoloselbststĂ€ndige… VVN
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Danke. Ja, momentan stehen viele vor dem wirtschaftlichen âausâ… Beste GrĂŒĂe!
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Es ist schlimm. Ich beobachte das so viel gerade in Wolfs und meinen Kreisen… đ
Pass bitte auf dich auf! VVN
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