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Ich hätte zu Jahresbeginn nicht gedacht, dass ich dieses Jahr gleich zweimal am Strand der Ostsee stehen würde – im Sommer auf Bornholm und kürzlich in Międzyzdroje in Polen. Zwischen 2011 und 2017 war ich einmal sogar für einen Zeitraum von sechs Jahren nicht mehr am Meer…
Vor etwas über einem Jahr, in der Nacht auf den 1. Oktober, starb mein australischer Onkel und erhielt später eine anonyme Seebestattung in der Ostsee. Ich schrieb damals einen WordPress-Eintrag als eine Art Nachruf auf ihn – meiner Meinung nach einer meiner besseren Einträge, seitdem ich zu bloggen begonnen hatte… Wer nochmals die bewegte Lebensgeschichte dieses teils tragischen Glücksritters und rastlosen Abenteurers, der eigentlich fortwährend auf der Flucht vor sich selbst war, lesen möchte, kann sich dazu gerne erneut meinen Blogeintrag „Das schwarze Schaf ist tot…“ vom 1. Oktober 2018 anschauen.
Als ich am polnischen Strand stand, wusste ich, dass er irgendwo dort draußen sein muss. Homöopathisch verdünnt im Meer. Vor Warnemünde hatten sie seine Salzurne den Angaben des Bestattungsinstitutes nach über Bord gehen lassen. Geboren wurde er an der ostpreußischen Ostseeküste – schließlich ging es zurück in die Ostsee. Meine Großtante aus Hamburg schwappte dort draußen auch irgendwo herum – auch sie erhielt als gebürtige Ostpreußin eine Seebestattung in der Ostsee, als sie vor ein paar Jahren hochbetagt starb. Komisch – man steht an einem polnischen Strand, hinter einem essen Leute in verglasten Anbauten Torte, vor einem liegt der Horizont. Dazwischen flottiert die alte Verwandtschaft im Wasser. Menschen meiner Kindheitserinnerungen. Mein Patenonkel und die Patentante meines Bruders. Diese Taufpatenschaften haben in meiner sehr weltlich orientierten Erziehung und in meinem heutigen atheistischen Weltbild nie eine Rolle gespielt. Aber irgendwie schweigt man dann doch für eine halbe Minute, wenn man dort am Strand steht und darüber nachdenkt, bevor man sich einen Zigarillo anzündet und weitergeht.
„Homöopathisch verdünnt im Meer“: 😅 Tolle Umschreibung. … Auf den ersten Blick lustig, auf den zweiten gruselig und auf den dritten einfach nur schön, beruhigend und tröstlich.
Ich muss dabei ein an das Pippi-Langstrumpf-Lied „Kalle Theodor“ denken:
“ …
Er fuhr auf den Meeren der ganz weiten Welt.
Der kleine Matrose Kalle Theodor.
Doch dann ist sein Schiff an dem Riff zerschellt.
Und versank mit dem kleinen Kalle Theodor.
Süderkreuz und Polarstern ,
die riefen ihm nach AHOI-Ohje\“
hab‘ kein Heimweh, denn seine Heimat ist jetzt die weite See.
…
Klabautermann nahm ihn in seinen Arm.
Er ist der beste Freund von Kalle Theodor.
Die See ist seine Wiege, die See hält ihn warm.
Den kleinen Seemann Kalle Theodor.
Wenn der Strom in den Ozean fließt
Dann sagt er dir Ade Ade,
hab kein Heimweh, denn deine Heimat
ist jetzt die weite See.
…“
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Danke, sehr schön… 🙂
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na denn – prost auf die ostsee und die toten!
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Prost!
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ich mag die toten.
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Der Blick aufs Meer ruft irgendwie immer etwas Melancholie wach.
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