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Heute auf den Tag genau vor 14 Jahren habe ich mir zum letzten Mal Anzüge maßschneidern lassen: Einen leichten sandfarbenen Nadelstreifenanzug für den Sommer aus Baumwolle und zwei aus Kaschmir – einer davon dreiteilig in Anthrazit mit Nadelstreifen, und der andere ein einfarbig schwarzer in solch einem exotischen Stil ohne Revers und dafür mit Stehkragen. Den trug ich etwa auf Vernissagen in München, um als Exzentriker aufzufallen…
Heute passe ich da gar nicht mehr rein. Heute kommt mir das alles im Rückblick absurd vor. So, als ob ich das gar nicht gewesen wäre – sondern irgendein abstruser Schauspieler, der in einem Film auftritt, den ich mir ansehe. Etwas tun, um andere zu beeindrucken? „Gesellschaftlichen Verpflichtungen“ nachkommen? Giulia und ich luden damals sehr häufig zu Partys ein. Ich hielt Reden. Man fuhr oder flog dauernd irgendwohin. Ich musste permanent crushed ice und Getränke anliefern lassen. Ich organisierte, deklamierte, ordnete an, hüpfte umher, tat Dinge und sagte Sachen… Heute kommt mir das alles so vor, als ob ich damals Protagonist einer völlig absurden Theaterstückes gewesen sei…
Die Leutchen von damals haben sich inzwischen vollständig verflüchtigt. Wenn ich ihnen heute begegnete, würden sie mich wahrscheinlich nicht einmal mehr wiedererkennen… Ich habe mich gehäutet. Umgestülpt. Dresche teils auf „Solche“ ein, wie ich damals einer war. Heute genügt mir die auf manche sicherlich vergleichsweise bieder wirkende Ruhe meines Exils. Der überschaubare Kreis aus den ganz wenig Verbliebenen, die man noch sporadisch sieht oder am Telefon spricht. Die Stille des Gartens.
Die Jahreszeiten wandeln sich im Garten. Wolken ziehen vorüber. Sommer, Herbst, Winter, nun wieder Frühling. Gelb blüht der Lenz hier um Haus „Zweieichen“ herum:
Wichtig ist nur noch, dass ich hier meine Ruhe habe, dass Philomena ihre Ruhe hat, dass es ihr gut geht, und dass es unserer Landschildkröte gut geht. Alles andere ist inzwischen weitestgehend egal. 🙂
Ich verstehe dich sehr gut und bin für jeden froh, der den Absprung aus diesem Verhalten und Umfeld geschafft hat.
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Ihr habt es wirklich schön erwischt. Ich denke mal, es kommen unruhige Zeiten auf die Menschheit zu, da ist nur konsequent, sich zurückzuziehen. All dieses sinnlose Theater, was soll das? Ich könnte es mir sogar vorstellen, ganz einsam irgendwo in einer Hütte in Kanada zu sitzen. Sollen sie doch in ihren Städten verrotten.
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… vor langer, langer Zeit. Dabei war das noch in diesem Jahrhundert.
Naja, mein „altes Leben“ ist noch länger her. Aber ohne diese alte Leben würde ich heute wohl unter der Brücke hausen. Das hat nicht einmal was mit Asperger-Autismus zu tun, sondern auch ganz normale Menschen können schnell abstürzen, wenn sie nicht zu irgend einem Zeitpunkt X genügend an Höhe gewonnen haben (hatte gestern auf 3SAT, wo Leute, die mal einen ganz normalen Beruf hatten, im Alter ihre Wohnung verloren und dann quasi auf der Straße saßen)
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Wenn irgendwann die Ausgaben dauerhaft die Einnahmen übersteigen sollten, dann knalle ich mich einfach ab. 😉 Habe eh keine Lust auf „Pflegefall“.
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Uns geht es nicht gut, wenn es uns gut geht, nur etwas besser, wie es uns gehen würde, ginge es uns schlecht, aber es ist schon gut, manchmal, ja doch, dann wieder nicht, aber.
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Glückwunsch! Hier blüht nicht eine Tulpe, ja noch nicht mal Knospen sprießen. Was hast Du gemacht? Kröts Wärmelampen drauf gehalten? 😉
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Das ist eine äußerst frühblühende Tulpensorte… 😉 Die anderen Tulpen haben auch hier noch nicht einmal Knospen.
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Aha – also doch Gleichstand. 🌷
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altersweise?
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Vielleicht auch nur „verhärmt und dieses schöngeredet“? Wer weiß – „altersweise“ wäre jedenfalls schön… 🙂
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kommt drauf an, wie man sich altersweise vorstellt. wenn es „beinahe tot“ bedeutet, lieber nicht.
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Manchmal denke ich, es liegt am voranschreitenden Alter, dass man sich selbst rückblickend kaum wiedererkennt. Vor 10/15 Jahren war ich auch noch ganz anders unterwegs, als heutzutage. Auf den ganzen Partyrummel hatte ich schon mit Anfang 40 keine Lust mehr. Seitdem wird es immer ruhiger, was ich aber überwiegend als wohltuend empfinde.
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s is so… 👍
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